30. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft

Arzt-Depesche 3/2021

Aktueller Stand der Transplantationsmedizin in Deutschland

Neben vielen interessanten Aspekten zu Sars-CoV2 und Organtransplantation, wurden auf der Tagung auch Schwerpunkte zu Optimierungsmöglichkeiten der Organtransplantation, der Allokation von marginalen Organen thematisiert sowie innovative Daten zur Immuntoleranz vorgestellt.
COVID-Impfung bei Transplantationspatienten
In der Plenarsitzung – „COVID“ ging Prof. Christian Hugo, Universitätsklinikum Carl Custav Carus, Dresden, auf Corona-Impfstrategien und Ergebnisse bei Transplantierten und Dialysepatienten ein. Aus den präsentierten Daten fasste er zusammen, dass bei Transplantationspatienten (Tx-Pat) eine geringgradige, niedrigtitrige sowie verzögerte Serokonversion nach Coronaimpfungen zu beobachten ist. Er rät deshalb zu einer regelhaften und auch späteren Antikörperbestimmung, nicht nur nach einem Monat sondern auch nach drei Monaten nach Impfung, bei diesen Patienten. Bei nicht-serokonvertierten Patienten sollten dann Hygieneregeln streng eingehalten werden sowie die Impfung des Umfelds. Dasselbe gilt auch für Menschen auf der Warteliste. Zudem gibt er zu bedenken, ob es nicht sinnvoll wäre exponierten Patienten und solchen mit leichten Symptomen prophylaktisch Immunglobuline (IgG) zu verabreichen. Den Daten zufolge scheint der Erfolg einer Drittimpfung abhängig von den vorangegangenen Impfungen zu sein und der unterschwelligen Serokonversion, die mit dem IgG-QuantiVac zur Quantifizierung der Anti-S1(Untereinheit des viralen SpikeProteins)-/ RBD(Rezeptorbindungsdomäne)- IgG-Antikörperkonzentrationen bei > 5 BAU/ml (BAU: Binding Antibody Units) lag. Beim Vergleich von Impfstoffen scheint eine Moderna-Grundimpfung erfolgreicher als BioNTech die unterschwellige Serokonversion bei diesen Patienten zu triggern. Zudem belegen die Daten, dass die Vektor-basierte Impfung in Kombination mit der mRNA-Impfung ein erfolgreicheres Konzept sein kann. Aufgrund der geringgratigen Serokonversion wäre eine Re-Boosterung der Impfung bei Tx-Pat. sehr sinnvoll. Prof. Mario Schiffer betonte, dass die Transplantationsmedizin nunmehr vor der Herausforderung steht, Impfschemata zu entwickeln, mit denen ihre Patienten besser geschützt sind. Er äußerte eine weitere Befürchtung, dass in Folge der Pandemie der Bedarf an Spenderorganen noch weiter steigen könnte.
 
Transplantationsmedizin in Deutschland
Eingehend auf die allgemeine Lage der Transplantationsmedizin 2020 in Deutschland, hob DTG-Präsident, Prof. Strassburg, hervor, dass die deutschen Transplantationszentren lebensrettende Organtransplantation auch während der Pandemie aufrechterhalten konnten und trotz phasenweise deutlich geringerer Intensivbettenkapazität die Situation bestmöglich gemeistert haben. So ist die Zahl der Transplantationen im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 nur um 6 % zurückgegangen. Größtes und grundlegendes Problem der deutschen Transplantationsmedizin ist und bleibt jedoch der Organmangel, der in Deutschland nach wie vor dramatisch eklatant ist, eine Trendwende nicht in Sicht. Da die Widerspruchslösung politisch nicht durchgesetzt werden konnte, bedarf es nun anderer Herangehensweisen, um endlich einen positiven Trend bei der Organspende herbeizuführen. Dazu gehören: Einführung eines Registers, in dem der Organspendewille hinterlegt ist; die Zulassung von Organen von Spendern, die an Herzversagen verstorben sind. Prof. Vedat Schwenger erwähnte in diesem Zusammenhang, dass Menschen mit Organversagen in Deutschland durch die Nichteinführung der Widerspruchslösung gegenüber Menschen in anderen EU-Ländern, in denen diese Widerspruchslösung überwiegend schon praktiziert wird, im Nachteil sind und somit auch ein höheres Versterberisiko aufweisen. Dabei spiegelt diese politische Entscheidung auch nicht die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung wider, denn knapp 80 % der deutschen Bevölkerung haben grundsätzlich eine positive Einstellung zur Organspende.
 
Lebendspenden
In seinem Beitrag zur Aktualisierung der gesetzlichen Regelung zur Lebendspende zog Prof. Bernhard Banas, Universitätsklinikum Regensburg, das Fazit, dass Deutschland sich entscheiden sollte:
1. (Lebend-) Organspenden grundsätzlich zu überdenken und/oder sogar ganz einzustellen oder
2. Insbesondere Lebendorganspenden „nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft“ neu und besser zu regeln. Zu ordnen wäre dabei der Spenderkreis, die Akzeptanz von Risiken für den Spender nach entsprechender Aufklärung, Überkreuz- und Kettentransplantationen national sowie international, Poolspenden und -transplantationen, „Nachteilsausgleiche“ für Lebendspender und klare Rahmenbedingungen für Spender, Empfänger und Ärzte. GH

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