Therapeut hält Hand des Patienten

Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2022

Arzt-Depesche 2/2022

Balanceakt in der Palliativmedizin

Im Vordergrund des Deutschen Schmerz- und Palliativtages 2022 standen Themen wie eine verbesserte Versorgung von chronischen Schmerzpatient:innen, Opioide und Cannabinoide in der Schmerztherapie, psychosoziale Aspekte des Schmerzes sowie die multimodale Schmerztherapie. Aus aktuellem Anlass wurde kurzfristig ein Symposium zu den Folgen des Krieges in der Ukraine im Kongressprogramm ergänzt.

Der Schmerz- und Palliativtag 2022 begann mit einem Exzellenzvortrag von Dr. Eckart von Hirschhausen, in dem er daran appellierte, auch bei Schmerz den Humor nicht zu verlieren. Humor hilft auch in kritischen Situationen und hilft heilen, worauf auch der Namen seiner 2008 gegründeten Stiftung basiert. Neben Studiendaten eines Projektes der Uni Bonn, die belegen, dass Menschen am Ende ihres Lebens vor allem Schmerzfreiheit, anderen nicht zur Last fallen und den Humor nicht verlieren wichtig ist, ging er auch auf den Einfluss von Pandemie, Klimakrise und Pflegemangel auf die Schmerz- und Palliativmedizin ein.

Klare Therapieziele definieren  
Mehr als 40 % der Patient:innen mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen leiden in der letzten Lebensphase an Infektionen, wobei der Anteil der schwerwiegenden Komplikationen weitaus höher ist als bei gesunden Patienten. Hier gilt es, so betonte Dr. Eva Masel von der Medizinischen Universität Wien, zuerst ein klares Therapieziel zu formulieren und dann einen Therapieplan aufzustellen. So sollte zum Beispiel bei Patient:nnen mit einer erworbenen Pneumonie zu allererst der Schweregrad der Pneumonie bestimmt und getrennt davon die Komorbidität prognostisch adäquat eingestuft werden, um darauf basierend ein entsprechendes Therapieziel definieren zu können.
 
In der Palliativversorgung vom Nachbar lernen
Beim Vergleich vom Leben und Sterben palliativer Patient:innen in Deutschland und Österreich stellte Dr. Norbert Schürmann, Vizepräsident der DGS, fest, dass es in Deutschland im Vergleich zu Österreich deutlich mehr palliative Strukturen, wie Palliativstationen, Hospize sowie  Palliativteams gibt, jedoch die Umsetzung ins ambulante Setting stark hinterher hinkt. Das erklärt, warum in Deutschland die meisten onkologischen Patient:innen weniger zu Hause jedoch häufiger auf Palliativstationen, in Hospizen oder Pflegeheimen sterben.  Da wo in Österreich mobile Palliativteams vorhanden sind, sterben hingegen nur 17 % der Palliativpatient:innen im Krankenhaus.

Balanceakt in der Palliativmedizin  
In dem in Kooperation mit der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG) durchgeführten Symposium zum ärztlich assistierten Suizid wurde hervorgehoben, dass trotzdem das Bundesverfassungsgericht am 26. Februar 2020 entschieden hat, das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für verfassungswidrig zu erklären, es kein Anspruchsrecht auf ärztlich assistierten Suizid gibt. Kein Arzt kann dazu verpflichtet werden, Suizidhilfe zu leisten.  In der Palliativversorgung sollte die Bitte um Beihilfe zum Suizid auf jeden Fall ernst genommen und respektiert werden. Es sollte eine umfassende Aufklärung über Möglichkeiten der medikamentösen und nicht medikamentösen Schmerz- und Symptomkontrolle sowie auch die Option der palliativen Sedierung, Therapieverzicht und Therapiebegrenzung sowie freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit erfolgen. Der ärztlich assistierte Suizid sollte zwar ermöglicht, jedoch nicht gefördert werden. Er gilt in der Palliativversorgung als Ultima Ratio und darf nicht angewandt werden bei körperlich gesunden Menschen, behandlungsbedürftigen Depressionen, auf Wunsch von  Angehörigen oder dritter nach Suizid, bei Vereinsamung oder finanziellen Sorgen des Patienten, bei Patient:innen, die nicht mehr ansprechbar sind, auch wenn der Wunsch schriftlich fixiert worden ist.  

Lesen Sie den ganzen Artikel

Fachgruppen-Login


Zugangsdaten vergessen?

Urheberrecht: Adobe Stock - Joel bubble ben

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x