Ärztin mit rosa Schleife am Revers Zeichen für Engagement gegen Brustkrebs

Biomarker für den Einsatz von Immuntherapeutika

Gyn-Depesche 1/2022

Der „Eine“ – oder keiner?

Die Suche nach Biomarkern, die das Ansprechen auf eine Immuntherapie präzise vorhersagen, verlief bei Brustkrebs bisher eher enttäuschend. Dass es für jedes Immunonkologikum den einen idealen Biomarker gibt, glaubt aber ohnehin kaum mehr jemand.
Die Bestimmung der PD-L1-Expression sowie einer Mismatch-Reparatur-Defizienz im Tumorgewebe sind bisher die einzigen bei Brustkrebs klinisch erprobten Optionen, um den Erfolg einer Therapie mit PD-1/PD-L1-Immuncheckpoint-Inhibitoren zu prognostizieren. Ideal ist keiner der beiden Biomarker. Bei der PD-L1-Expressionsmessung sind es vor allem technische Aspekte, die an dessen prädiktivem Wert zweifeln lassen: Da in den verfügbaren immunhistochemischen Tests unterschiedlich potente Antikörper eingesetzt werden und die Auswertungsmethoden unvollständig standardisiert sind, schwankt die Sensitivität und die Vorhersagekraft von Assay zu Assay. Auch scheint der prädiktive Wert der PD-L1-Expression vom Tumorstadium abhängig. So ist etwa die Vorhersagekraft in der metastasierten Situation größer als im Frühstadium.
Eine hohe Mikrosatelliten-Instabilität (MSI-H) oder Mismatch-Repair-Defizienz (dMMR) hat sich bei verschiedenen Tumorentitäten als präziser Biomarker für den Einsatz des PD-1/PD-L1-Blockers Pembrolizumab herausgestellt. Für Brustkrebs ist die Datenlage zwar ebenfalls gut, aber noch lückenhaft. Da ein MSI-H/dMMRStatus bei Brustkrebs jedoch ohnehin selten ist (0,4 % bis 3,0%), wird womöglich nur eine kleine Subgruppe an Patientinnen von dem Biomarker profitieren.
Ein weiterer Prognosefaktor, der sich in verschiedenen Phase-I- bis -III-Studien an Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom (Mamma-Ca) als prognostisch relevant erwiesen hat, ist die Zahl tumorinfiltrierender Lymphozyten (TIL). Zwar hat die TIL-Bestimmung noch nicht Einzug in die klinische Praxis gehalten, die Zahl der TIL wird jedoch in der Biomarkerforschung als kostengünstiger Parameter genutzt, der eine schnelle Einschätzung des Immunprofils des Tumors ermöglicht. Ein weiterer potenzieller Biomarker ist die Mutationslast (tumor mutational burden, TMB). Im Vergleich zu anderen Krebsarten ist eine hohe TMB beim Mamma-Ca aber insgesamt selten und variiert abhängig vom molekularen Subtyp sowie Tumorstadium. Bevor die TMB-Bestimmung für die Brustkrebsbehandlung mit Immuntherapeutika genutzt werden kann, sind also weitere Daten nötig. Von Vorteil wäre die TMB auch deshalb, weil sie nicht redundant mit dem PD-L1- und dem MSI/dMMR-Status ist; jeder der drei Parameter liefert eigene klinisch wertvolle Informationen.
Fazit: Den einen idealen Biomarker wird es in der in der Immuntherapie bei Brustkrebs also vermutlich nie geben. Vielmehr hoffen Forschende auf kombinierte Biomarker, die dem komplexen Zusammenspiel aus Mikroumgebung und genetischen Faktoren des Tumors sowie Wirtsparametern gerecht werden und damit eine präzise Patientenselektion ermöglichen. RG
Quelle: Kossai M. et. al.: Refining patient selection for breast cancer ... ESMO Open 2021; 6(5): 100257
Urheberrecht: Adobe Stock - motortion

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x