Frau mit Lungenkrebs spricht in Mikrofon

Kongress-Bericht; 127. Kongress der DGIM

Arzt-Depesche 2/2021

Herausforderung Lungenkarzinom

Obwohl der erste digitale Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) im Zeichen von Corona und Klimawandel stand, wurden auf dem Kongress auch Themen zum Lungenkarzinom (LK) thematisiert, wie die Früherkennung, Diagnostik sowie medikamentöse und operative Behandlung dieser Krebserkrankung.
Lungenscreening wird kommen
In seinem Beitrag zur Früherkennung und Diagnostik verwies Prof. Felix Herth, Thoraxklinik Heidelberg, auf die weiterhin zunehmende Zahl an Lungenkrebsfällen in Deutschland und ging auf deutlich verbesserte diagnostische Optionen ein. Auch wenn die Bronchoskopie (BRSK) immer noch die wichtigste Methode zur Diagnosesicherung ist, kann eine vorgelagerte CT-Untersuchung der Thoraxorgane die notwendigen Erkenntnisse zu anatomischen Veränderungen bringen, die die Chancen auf Erfolg der Untersuchung steigern. In diesem Zusammenhang erwähnte er das Positionspapier der Deutschen Röntgengesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, in dem sich auf Grundlage der erweiterten Datenlage für ein qualitätsgesichertes Früherkennungsprogramm mittels Niedrigdosis-CT (LD-CT) ausgesprochen wird und Eckpunkte eines solchen dargestellt werden. Als erfolgskritische Faktoren gelten dabei die Bindung an zertifizierte interdisziplinäre Zentren, standardisierte Auswertungen durch zertifizierte Radiologen inklusive Software, eine klare Definition von „positiven Befunden“ und Abklärungs-Algorithmen, standardisierte interdisziplinäre Kommunikations- und Versorgungsstrukturen sowie die Einführung eines zentralen Registers und die wissenschaftliche Begleitung. Aber auch Maßnahmen zur Raucherentwöhnung und die Primärprävention sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Nachdem nun anhand von Studiendaten die Machbarkeit von LD-CT nachgewiesen werden konnte, wartet die Fachgemeinschaft nun auf einen G-BA-Beschluss zum Lungenscreening und dessen zukünftige Einführung.
 
Wann und wo operieren?
Die Behandlung des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC: Non-Small Cell Lung Cancer) ist abhängig vom Stadium der Erkrankung. Während in den Frühstadien des LK die minimal invasive Lobektomie als Standardverfahren gilt, wird im Stadium I/II entsprechend der TNM8-Klassifikation (T: Größe und Ausdehnung des Tumors, N: Lymphknotenbeteiligung, M: Vorhandensein von Metastasen) primär eine Operation (OP) empfohlen. Ab dem Stadium II sollte eine adjuvante Therapie angewendet werden. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren in „exponierter Lage“ an der Thoraxwand oder an den zentralen Atemwegen sollte eine Resektion im multimodalen Konzept an spezialisierten Zentren erfolgen. Wichtig dabei ist eine genaue Patientenselektion sowie die erforderliche technische Expertise, die meist nur an Lungenkrebszentren zu finden ist. Wichtig ist zudem das Vorhandensein des passenden technischen Equipments sowie die interdisziplinäre Kooperation. Prof. Clemens Aigner, Essen, verwies auf Daten der AOK-Gesundheitskasse, die zeigen, dass durch die Durchführung der Lungenoperationen an spezialisierten, zertifizierten Zentren mit ca. 75 Operationen dieser Art pro Jahr die perioperative Mortalität gesenkt werden kann.
 
Medikamentöse Therapien
In seinem Beitrag ging Prof. Martin Schuler, Essen, auf medikamentöse Therapien für Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkarzinom ein. Er erklärte, dass die Art der Therapie in erster Linie von der Histologie des Tumors abhängt. Dabei steht für die verschiedenen Tumortypen inzwischen mindestens ein molekular ausgerichtetes Therapieprinzip zur Verfügung. So ist z. B. für das kleinzellige Lungenkarzinom die Kombination aus Platin, Etoposid und anti-PD-L1-Antikörper (PD-L1: Programmed deathligand 1) der neue Standard in der palliativen Erstlinienbehandlung. Bei der Behandlung von NSCLC ohne Nachweis eines adressierbaren onkogenen Treibers kommen Immun-Checkpoint-Hemmer mit oder ohne Chemotherapie zum Einsatz, wobei die Therapieauswahl über strikte Stratifizierungsalgorithmen erfolgt, basierend auf der Histologie und dem PD-L1-Status im Tumorgewebe. Im Falle nachweisbarer Treibermutationen werden therapeutisch in erster Linie zielgerichtete niedermolekulare Hemmstoffe eingesetzt. Schuler fasste zusammen, dass Behandlungsauswahl und Algorithmen für Patienten mit metastasiertem LK immer komplexer werden, damit aber auch die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung weiter steigen. Abermals betonte er den hohen Stellenwert der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen qualifizierten Fachgruppen – allen voran in der Diagnostik. GH
Urheberrecht: Adobe Stock - Halfpoint

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x