Komplementärmedizin

Arzt-Depesche 1/2022

Mistelextrakt zeigt Wirkung bei Leberkarzinom

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) zählt zu den tödlichsten Krebserkrankungen, und der Bedarf an neuen Therapieoptionen ist nach wie vor hoch. Ein möglicher Kandidat ist ein Extrakt des Mistelkrauts.
Obwohl sich das Therapiearsenal zur Behandlung des HCC in den letzten Jahren stark erweitert hat, sind die Prognosen für Patienten mit HCC im fortgeschrittenen Stadium immer noch schlecht. Oft bringen auch moderne Therapien nur einen geringen Überlebensvorteil und die Ansprechraten sind höchstens mittelmäßig. Ein neuer Ansatz könnte sich aber aus der Mistelpflanze (Viscum spec.) ergeben.
Dafür sprechen die Ergebnisse einer Fallserie mit insgesamt zwölf Patienten mit fortgeschrittenem HCC (davon zehn Männer, Durchschnittsalter 64 Jahre, Child- Pugh-Klasse A-4, B-6 oder C-2). Die Teilnehmer erklärten sich nach Ausschöpfen aller verfügbaren Therapieoptionen bereit, es nun mit dem Mistelextrakt zu versuchen. Die Behandlung erfolgte in Form von wöchentlichen subkutanen Injektionen mit je 40 mg Viscum fraxini-2 (VF-2). Bei Baseline sowie nach acht Wochen wurde unter Zuhilfenahme einer MRT- oder CT-Untersuchung der Patientenstatus beurteilt und die Therapie nur bei Ansprechen (≥ 30% ige Tumorreduktion) oder stabiler Erkrankung fortgesetzt.
Es konnten die Daten von zehn Patienten ausgewertet werden. Sechs von ihnen erhielten den Mistelextrakt acht Wochen, drei Patienten zwölf Wochen lang oder länger. Zwar konnte per Bildgebung kein partielles oder komplettes Ansprechen festgestellt werden, doch bei denjenigen Patienten, die mindestens vier Wochen lang mit VF-2 therapiert wurden, stellte sich innerhalb dieser Zeit eine Stabilisierung des durchschnittlichen Alpha-1-Fetoprotein(AFP)- Wertes ein. Bei zwei Patienten ging der AFP-Wert sogar um mehr als 30 % zurück und bei einem Patienten blieb der Wert sogar neun Monate lang verringert.
Vertragen wurde der Mistelextrakt gut. Die häufigsten Nebenwirkungen der Misteltherapie waren Fieber, Erschöpfung, Ausschlag sowie vorübergehende lokale Reaktionen an der Injektionsstelle.
In einer ähnlichen Studie aus Ägypten, in der VF-2 bei 120 Patienten mit fortgeschrittenem HCC eingesetzt wurde, konnten sogar eine Ansprechrate von 20 % (inklusive zwei Fällen von Komplettansprechen) und eine stabile Erkrankungsrate von 33 % erreicht werden. Der Mistelextrakt scheint also als mögliche Therapiesubstanz gegen das HCC durchaus Potenzial zu haben. Allerdings muss der aktive Wirkstoff, der für die günstigen Effekte verantwortlich ist, noch identifiziert werden. Auch ist noch unklar, welche HCC-Patienten sich für die Behandlung mit dem Mistelextrakt eignen. OB
Quelle: Lee RT et al.: Mistletoe extract Viscum fraxini-2 for treatment of advanced hepatocellular carcinoma: a case series. CASE REP ONCOL 2021; 14: 224-31

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x