Kongress-Bericht; 26. Jahreskongress der EHA 2021

Arzt-Depesche 2/2021

Neue und kommende Therapiestandards in der Hämato-Onkologie

Im Rahmen des diesjährigen 26. Jahreskongresses der European Hematology Association (EHA) wurden aktuelle Forschungstrends und Studiendaten von hoher klinischer Relevanz zu verschiedenen hämato-onkologischen Erkrankungen präsentiert und diskutiert. Dabei zeigte sich, dass die Immuntherapie sowie zielgerichtetere Behandlungen weiter auf dem Vormarsch sind.
Beim Vergleich von Daten aus den klinischen Studien SCHOLAR-5 (S-5) und ZUMA-5 (Z-5) zeigte sich, dass eine Behandlung des rezidivierenden/refraktären follikulären Lymphoms (r/r FL) mit der CAR-T-Zell-Therapie Axicabtagen- Ciloleucel (axi-cel) eine bessere klinische Wirksamkeit hat als momentan verfügbare Behandlungsoptionen. So war unter axi-cel eine um 44 % verbesserte allgemeine Ansprechrate zu beobachten, was sich auch in einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) und des Gesamtüberlebens (OS) widerspiegelte.
Anhand der Aktualisierung der 5-Jahres- Daten der MAIA-Studie zur Effizienz des CD38-Antikörpers Daratumumab (DARA) bei für eine Stammzelltransplantation nicht geeigneten Patienten mit neu diagnostiziertem multiplem Myelom (NDMM) zeigte sich, dass die Addition von DARA zu einer Standardtherapie aus Lenalidomid und Dexamethason (Rd) Vorteile bringt. Der Antikörper führte zu einer Verlängerung des PFS sowie einem tieferen Ansprechen, verbunden mit einem vorteilhaften Nutzen-Risiko-Profil. Diese Daten unterstützen den Einsatz von DARA-basierten Kombinationsregimen in der Frontlinientherapie des NDMM.
In der Erstlinientherapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) erwies sich eine auf einen bestimmten Zeitraum festgelegte (FD) einmal täglich oral einzunehmende Kombination aus Ibrutinib (I) und Venetoclax (V) wirksamer als eine Kombination aus Chlorambucil (Clb) und Obinutuzumab (O), einem Antikörper gegen das B-Lymphozyten-Antigen CD20. Die Kombination aus I, dem Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase (BTK), und V, einem BCL-2(B-cell lymphoma 2)-Hemmer, führte zu einer signifikant tieferen und längeren Remission und somit einem längeren Zeitraum bis zu einer Folgetherapie (TTNT). Zudem zeigte die in einer vorwiegend älteren Patientenpopulation getestete Kombination aus I und V ein für diese Altersgruppe charakteristisches Sicherheitsprofil.
Mit der finalen Analyse der EURO-SKIStudie (Europe Stop Tyrosine Kinase Inhibitors) konnten die nach sechs Monaten beobachtete Rate der molekularen Rezidivfreiheit (MRecFS: Molecular recurrence- free survival) sowie die Rate derer, die aus molekularer Sicht keine Therapie benötigten (MRecTFS: molecular treatment- free survival), bestätigt werden. Ziel der Studie war es, prognostisch relevante Marker für das molekulare Ansprechen bei Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML) zu definieren, die es ermöglichen, ein tiefes molekulares Ansprechen zu monitoren und aufrechtzuerhalten, nachdem die Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) abgesetzt wurde. Nach 36 Monaten Beobachtungszeit bestand bei 48 % der Patienten eine MRecFS und bei 46 % eine MRecTFS, wobei bei 15 % zwischen Monat 6 und 36 ein Rezidiv auftrat.
Zur Verbesserung der Klassifizierung und Risikostratifizierung bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) wurde ein auf zytogenetischen Daten und 32 Genen basierender Algorithmus vorgestellt, der es ermöglicht, 14 neue molekulare Subgruppen der AML zu identifizieren und deren Assoziation zu klinischer Präsentation, Resterkrankungen und Therapieansprechen herzustellen. Dieser validierte Algorithmus ließe sich gut in die klinische Praxis integrieren.
Dass die Behandlung mit einer Kombination aus Pevonedistat (Pevo) und Azacitidin (Aza) im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Aza die Mutationslast und somit auch die Entstehung von Resistenzen sowie krankheitsinduzierenden Mutationen verringern kann, wurde in einer Studie mit 96 Knochenmarksproben von Patienten mit myelodysplastischem Syndrom (MDS), CML und AML mit geringer Blastenzahl (LB-AML) gezeigt. Da Daten einer vorangegangenen Studie eine hohe Wirksamkeit der Kombination aus PEVO, einem selektiven NEDD8-Hemmer (NEDD8: neural-precursor-cell-expressed developmentally down-regulated 8), und AZA bei MDS und LB-AML belegen, wäre diese Kombination als Erhaltungstherapie bei diesen Erkrankungen gut vorstellbar. GH
ICD-Codes: C91.1

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