Immunonkologie

Arzt-Depesche 2/2022

Nutzen der ctDNA für den Therapieerfolg

Speziell im Kontext der Immunonkologie wurden nun verschiedene klinische Anwendungen der Analyse zellfreier DNS (ctDNA) vorgestellt und auf deren Nutzen zur Steigerung des Therapieerfolgs näher eingegangen.
Die Untersuchung von ctDNA im peripheren Blut ist eine minimal invasive Möglichkeit zur Diagnostik, Einstufung und Überwachung von Krebserkrankungen. Anhand dieser lassen sich die Tumorlast bestimmen sowie Aussagen zur Genomik der Erkrankung treffen. Sie kann somit auch als Biomarker für die Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) dienen.
Die Bestimmung von ctDNA-Spiegeln vor Beginn einer Behandlung könnte als Prognosemarker für den Therapieverlauf eingesetzt werden, wobei aufgrund der Heterogenität der verschiedenen Studien die Datenlage diesbezüglich noch preliminär ist. Untersuchungen, durchgeführt in erster Linie beim metastasierten nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) und beim Melanom, weisen einerseits auf die klinische Validität der ctDNA als prognostischem Biomarker bei Immuntherapien hin. So waren niedrige oder nicht nachweisbare ctDNA-Spiegel vor Beginn der Behandlung beim metastasierten Melanom, basierend auf der Bestimmung variierender Allelfrequenzen (VAF), mit einem längeren progressionsfreien (PFS) und auch Gesamtüberleben (OS) assoziiert. In einer größeren Studie mit 16 verschiedenen Tumorentitäten, in der eine Mutationsanalyse der ctDNA zugrunde gelegt wurde, ließ sich hingegen kein Zusammenhang zwischen ctDNA-Spiegeln und Tumorlast nachweisen. Wiederum gelang es, mittels des CAncer Personalized Profiling by deep Sequencing (CAPP-Seq) der ctDNA eine Hochrisikogruppe von Patienten mit Urotheltumoren zu identifizieren, die von einer Immuntherapie profitierten. Auch konnten Assoziationen zwischen der Abnahme krebsspezifischer ctDNA und einer höheren Gesamtansprechrate (ORR) sowie einem höheren PFS und OS gezeigt werden, die die klinische Validität der ctDNA als Verlaufsmarker untermauerten. Jedoch ist eine breite klinische Anwendung aufgrund der Heterogenität der aktuellen Untersuchungsmethoden noch nicht durchsetzbar.
Weitere Möglichkeiten zum Einsatz von ctDNA wären neben der Bestimmung von Treibermutationen auch der Nachweis von Neoantigenen oder chromosomalen Aberrationen. Interessant wäre zudem zu untersuchen, welchen Einfluss spezifische Mutationen, die Tumormutationslast (TMB) und die Mikrosatelliteninstabilität (MSI) auf den Verlauf einer ICI-Therapie haben. Für diesen Zweck müssen die Tests standardisiert werden, um so in erster Linie Ansprechen und Nicht-Ansprechen auf Therapien unterscheiden zu können und andererseits auch eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen verschiedenen Laboren zu ermöglichen.
Weitere Analysen multipler Marker, wie die Untersuchung von zirkulierenden Tumorzellen, Zytokinen, peripheren T-Zell-Populationen und extrazellulären Vesikeln sowie die Bestimmung von Methylierungsmustern, werden in Zukunft für die Prognose und Verlaufskontrolle von ICI-basierten Therapien vermehrt zum Einsatz kommen. Weiteres Potenzial bergen die mitochondriale Plasma-DNA sowie die Analyse des Mikrobioms des Blutes. Für eine solch breit gefächerte Analyse, um präzise personalisierte Biomarker für das Ansprechen auf ICI-Therapien zu identifizieren, würde sich die Liquid Biopsy eignen. GH
Quelle: Stadler JC et al: Current and future clinical applications of ctDNA in immuno-oncology. Cancer Res 2022; 82(3): 349-58

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