Nebenwirkungen von Medikamenten

Therapienebenwirkungen

Arzt-Depesche

Auch Nebenwirkungen niedrigen Grades können die Therapieadhärenz beeinflussen

Basierend auf umfassenden Daten zu unerwünschten Nebenwirkungen (AE) aus einer klinischen Phase-III-Studie konnte nachgewiesen werden, dass leichte und mäßige Nebenwirkungen maßgeblich zur selbstberichteten Belastung der Patienten beitragen und unabhängig mit Behandlungsunterbrechungen verbunden sind.  
 

Der Schwerpunkt der primären Analyse lag auf einer Phase-III-Studie zur chronischen lymphatischen Leukämie (E1912), die vom Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) und dem American College of Radiology Imaging Network durchgeführt wurde. Während der gesamten Behandlungsdauer wurde der FACT-G-Fragebogen mehrmals eingesetzt. Der Functional Assessment of Cancer Therapy - General (FACT-G) ist ein Fragebogen mit 27 Fragen, der dazu dient, vier Bereiche der Lebensqualität bei Krebspatienten zu messen. Zusätzlich wurde über ein Formular zur Meldung von Behandlungsabbrüchen der Grund für den Abbruch der Behandlung erfasst. In einer Sekundäranalyse von E1912 wurde eine Bewertung von symptomatischen gegenüber asymptomatischen AEs durchgeführt, wobei die symptomatischen AEs mittels der PRO-CTCAE® (Patient-Reported Outcomes version of the Common Terminology Criteria for Adverse Events) erfasst wurden, die die Nebenwirkungen und deren Schweregrad aus der Perspektive der Patienten erfassen. Von den 510 Patienten, die mit einer Therapie begonnen hatten, wurden während 8.431 Behandlungszyklen insgesamt 18.028 AEs erfasst, die zumindest möglicherweise auf die Behandlung zurückzuführen waren. Die Mehrzahl der AEs waren gering- und mittelgradige AEs, wobei AEs des Grades 1 70,5 % aller AEs ausmachten, AEs des Grades 2 19,9 %, AEs des Grades 3 8,0 %, AEs des Grades 4 1,6 % und AEs des Grades 5 <0,1 %. Insgesamt brachen 84 Patienten die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen/Komplikationen ab.
Die Häufigkeit von AEs Grad 1 und 2 sowie Grad 3 und höher waren jeweils unabhängig voneinander mit einer erhöhten selbstberichteten Nebenwirkungsbelastung assoziiert. So war jede zusätzliche AE vom Grad 1 mit einer um 11 % verringerten Wahrscheinlichkeit des Abbruchs der Behandlung verbunden, während jede zusätzliche AE Grad 2 mit einer um 59 % erhöhten Wahrscheinlichkeit eines Behandlungsabbruchs verbunden war. Ähnlich erhöhte das Vorhandensein einer AE des Grades 3 oder 4 die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungsabbruchs um das 7,72-fache, und zwei oder mehr AEs des Grades 3 oder 4 erhöhten die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs erheblich. Im Vergleich zu asymptomatischen AEs ging eine erhöhte Anzahl von symptomatischen AEs des Grades 2 und 3 oder höher mit einem erhöhten Nebenwirkungen einher. Als asymptomatisch definierte AEs waren unabhängig vom Grad nicht mit einer erhöhten Nebenwirkungsbelastung verbunden. Jedoch waren symptomatische als auch asymptomatische AEs des Grades 2 unabhängig voneinander mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit eines Behandlungsabbruchs assoziiert, wobei symptomatische AEs einen größeren geschätzten Effekt aufwiesen. Zu beobachten war zudem, dass die Nebenwirkungsbelastung zu Studienbeginn mit der späteren (nach Studienbeginn) Nebenwirkungsbelastung, nicht aber mit dem Abbruch der Behandlung zusammenhing. Dieses Ergebnis bestätigte die Annahme, dass das von den Patienten während der Studie angegebene Ausmaß an Beschwerden von den Erfahrungen und Merkmalen beeinflusst wird, mit denen die Patienten die Studie beginnen, und auch von solchen, die schon vor der Behandlung, einschließlich früherer Erfahrungen mit der Krebsbehandlung und der Einnahme von Medikamenten für komorbide Erkrankungen, die die Toleranzschwelle der Patienten für die Behandlung senken können. Insgesamt unterstreichen die Studienergebnisse die Notwendigkeit, AEs aller Grade zu erfassen, insbesondere diejenigen, die als symptomatisch gelten. Durch die Identifizierung von Patienten während der Behandlung mit hoher Nebenwirkungsbelastung einschließlich einer hohen Anzahl von AEs niedrigerer Grade könnte eine frühzeitige unterstützende Behandlung eingeleitet werden, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und einen Behandlungsabbruch zu verhindern.GFI

Quelle: O'Connell NS et al.: Importance of Low- and Moderate-Grade Adverse Events in Patients' Treatment Experience and Treatment Discontinuation: An Analysis of the E1912 Trial. J Clin Oncol. 2024 Jan 20;42(3):266-272. doi: 10.1200/JCO.23.00377
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