Akute lymphatische Leukämie

Arzt-Depesche

EWALL-PI – ein robuster prognostischer Index zur Definition von Risikogruppen bei ALL

Basierend auf der Validierung des United Kingdom Acute Lymphoblastic Leukaemia Protocols for Infants (UKALLPI) anhand von vier unabhängigen Kohorten von Erwachsenen mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL) konnte gezeigt werden, dass ein integrierter PI (prognostischer Index) eine überlegene Methode zur Definition von Risikogruppen bei erwachsenen ALL-Patienten im Vergleich zu traditionellen Systemen darstellt.

Individuelle Patientendaten von 778 Patienten im Alter von 15 bis 67 Jahren aus vier nationalen akademischen klinischen Studien, UKALL14, NILG-ALL10/07, GIMEMALAL1913 und PETHEMA-ALL-HR2011, wurden verwendet, um den Prognoseindex der European Working Group for Adult ALL (EWALL-PI) zu generieren und zu validieren. Der Index basiert auf der Anzahl der weißen Blutkörperchen, der Genetik und der minimalen Resterkrankungslast (MRD) am Ende der Induktionstherapie (EOI). In keiner der Studien gab es einen Unterschied in der Verteilung des EWALL-PI nach Immunphänotyp. Der EWALL-PI war in allen vier Studien mit dem Outcome assoziiert. Patienten, die einen Rückfall erlitten und/oder starben, hatten im Durchschnitt höhere EWALL-PI-Werte. Die univariate Cox-Regressionsanalyse zeigte, dass im Durchschnitt ein Anstieg des EWALL-PI um eine Einheit mit einem um 24% erhöhten Rezidivrisiko und einem um 32% erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert war. Eine Unterteilung der gepoolten Kohorte in fünf gleich große Gruppen nach EWALL-PI ergab eine Korrelation zwischen höheren EWALL-PI-Werten und einem schlechteren Outcome. Wurde das Alter als kontinuierliche Variabel in das Modell aufgenommen, blieben die Hazard Ratio und das Signifikanzniveau erhalten. Untersuchungen der Koeffizienten der verschiedenen EWALL-PI-Elemente in den vier Studien zeigten eine hohe Robustheit für die MRD und die Anzahl der weißen Blutkörperchen (WBC). Subgruppenanalysen bestätigten, dass der EWALL-PI in der Lage ist, Rezidiv und Tod in allen wichtigen Patienten-Subgruppen vorherzusagen. Die Schwellenanalyse und der Youden-Index ergaben, dass ein EWALL-PI von 2,50 der diskriminierendste Schwellenwert ist, um Patienten mit Chemotherapie zu identifizieren, die eine niedrige kumulative Rezidivinzidenz (CIR) und eine hohe 3-Jahres-Überlebensrate (OS) aufweisen. Keiner der Patienten, die der Standardrisikogruppe (SR-Gruppe) zugewiesen wurden, hatte einen EOI-MRD ≥0,01% oder HR (Hochrisiko)-GEN. Dies deutet darauf hin, dass die Gewichtung, die diesen Variablen im EWALL-PI-Modell zugewiesen wurde, immer noch ausreichend ware, um einen Score von ≥2,50 zu generieren. In allen Studien hatten die Patienten, die der HR-Gruppe zugeordnet wurden, ein signifikant höheres Risiko, ein Rezidiv zu erleiden und/oder zu sterben, als die Patienten, die der SR-Gruppe zugeordnet wurden. Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass dieser prognostische Effekt in den wichtigsten Patienten-Subgruppen sowohl innerhalb der einzelnen Studien als auch in der Kombination der Kohorten stabil war. Wiederum ergaben die EWALL-PI definierten Risikogruppen gleichwertige oder höhere Harrell‘s Konkordanz Index (C-Index) Werte, was die Überlegenheit der EWALL-PI definierten Risikogruppe bestätigt. Insgesamt wurden in den vier Studien 188 Patienten durch EWALL-PI als HR identifiziert, aber in den jeweiligen Studien als SR behandelt. Diese Patienten wiesen tendenziell hohe CIR- und niedrige OS-Raten auf, was den Nutzen der Verwendung eines integrierten Risikomodells zur Definition von Risikogruppen verdeutlicht. Interessanterweise wurden 130 Patienten durch EWALL-PI als SR identifiziert, obwohl sie in der jeweiligen Studie als HR behandelt wurden. Diese Patienten hatten ähnliche Ergebnisse wie die Patienten, die als SR behandelt wurden. Ähnlich verhielt es sich mit den Ergebnissen, die durch Betrachtung der Unterschiede nicht nach Risikogruppe, sondern nach Induktionstherapie entstanden. Patienten, die durch EWALL-PI als HR identifiziert wurden, aber keine allogene Stammzelltransplantation (Allo-SCT) erhielten, wiesen eine sehr hohe Rate an Rezidiven auf (> 50 %). Dies ist eine klare Bestätigung dafür, dass der  EWALL-PI in der Lage ist, Patienten zu identifizieren, die nach der Induktionstherapie mehr als eine Chemotherapie benötigen. Umgekehrt lag die Überlebensrate (OS) von Patienten, die durch den EWALL-PI als in kompletter Remission (CR) eingestuft wurden und nach der Induktionstherapie nur eine Chemotherapie erhielten, in allen vier Studien bei ≥75% nach drei Jahren.
Somit konnte gezeigt werden, dass die Integration der wichtigsten Risikofaktoren wie Genetik, Anzahl der weißen Blutkörperchen und minimale Resterkrankung, eine genauere Vorhersage der Ergebnisse ermöglicht, als dies bei der Verwendung der herkömmlichen unabhängigen Risikofaktoren der Fall ist. Der EWALL-PI korreliert stark mit Rezidiven und Tod und definiert klinisch relevante Risikogruppen für ALL im Erwachsenenalter. Mit dem EWALL-PI wurde eine robuste und unabhängige Validierung eines flexiblen Risikoscores für die ALL bei Erwachsenen durchgeführt, der in der bevorstehenden ACCADEMIA-Studie zur Risikoklassifizierung von Patienten eingesetzt werden soll.GFI

Quelle: Enshaei A et al.: A robust and validated integrated prognostic index for defining risk groups in adult acute lymphoblastic leukemia: an EWALL collaborative study. Blood Adv. 2024 Mar 12;8(5):1155-66
ICD-Codes: C91.0
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