Varia

Arzt-Depesche 1/2022

Noch ist es Zukunftsvision, deren Erfolg wir jetzt in der Hand haben

In einem Übersichtsartikel wurden Chancen, aber auch Grenzen der Integration der digitalen Pathologie und künstlichen Intelligenz (KI) in die translationale Medizinforschung und die klinische Praxis zusammengefasst.
Der technologische Fortschritt und der zunehmende Anspruch auf Präzisionsmedizin führten zur Entwicklung digital-pathologischer Methoden. Genannt seien hier multiplexe und multispektrale Bildgebung, digitales Scannen gesamter Objektträger (whole slide imaging, WSI) sowie die Nutzung von auf KI basierenden Auswerteverfahren, durch die mehr und komplexere Datensets mit hoher Präzision erfasst und verarbeitet werden können, als es mit herkömmlichen Methoden möglich ist. So können schneller quantitative Analysen von WSIs durchgeführt werden, die in kurzer Zeit morphologische sowie histologische Einschätzungen von biologisch relevantem Gewebematerial liefern.
Zunehmend angewendet wird die Methode des Deep Learning (DL), eine spezielle Methode der Informationsverarbeitung und ein Teilbereich des Machine Learning (ML), welches neuronale Netze nutzt, um große Datensätze zu analysieren. Während es mittels ML z. B. möglich ist, histologische und morphologische Bewertungen vorzunehmen, kann mithilfe von DL eine Klassifizierung eines Tumors, eine Vorhersage des krankheitsspezifischen Überlebens oder eine Aussage zur Invasivität bestimmter Tumortypen erfolgen. Die digitale Pathologie ermöglicht es aber auch, dass digitale Bilder hochgeladen und gleichzeitig von mehreren verschiedenen Pathologen begutachtet werden können. Sie kann zudem den Arbeitsablauf vereinfachen. Speziell in der Immunonkologie tragen die KI und das ML zu einem tieferen Verständnis der Komplexität und der zugrunde liegenden Mechanismen des Mikromilieus bei. Die Möglichkeit der einheitlichen Analyse und Validierung solcher Art von Daten in weiteren großen Kohorten liefert wiederum Erkenntnisse zur Entwicklung von Therapeutika und für das Design klinischer Studien. In der Klinik können durch die Anwendung von KI- und ML-Methoden die Diagnostik und die Therapieplanung verbessert werden.
Doch noch ist eine weitverbreitete Anwendung dieser neuen digitalen Möglichkeiten eher eine Zukunftsvision. Noch ist der Einsatz dieser neuen Technologien mit hohen Kosten verbunden, deren Erstattung vielerorts nicht geklärt ist; noch ist der Zugriff auf KIbasierende Geräte stark limitiert und nur im vorbörslichen Handel offiziell genehmigt; noch ist der Zugriff auf große gut annotierte Datensets stark begrenzt und die Entwicklung neuer Algorithmen sehr zeitaufwendig.
Trotzdem sollten wir diese Entwicklung gut im Auge behalten – der Erfolg der Anwendung derartiger Technologien in der Zukunft hängt in erster Linie davon ab, mit welchen qualitativ und quantitativ hochwertigen Daten wir heute die Algorithmen füttern und trainieren. GH
Quelle: Baxi V et al.: Digital pathology and artificial intelligence in translational medicine and clinical practice. Mod Pathol 2022 Jan; 35(1): 23-32

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