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Pembrolizumab-bedingte Myokarditis

Berichtet wird über einen seltenen, lebensbedrohlichen Fall einer Pembrolizumab-induzierten Myokarditis mit komplettem atrioventrikulärem Block (AV-Block) und begleitender Myositis bei einer 82-jährigen Patientin mit Blasenkarzinom. 

Zum Zeitpunkt der Einlieferung ins Krankenhaus wurde die 82-jährige kaukasische Patientin aufgrund von Hypertonie mit Candesartan behandelt, hatte einen unkontrollierten Diabetes mellitus Typ 2 und erhielt Glimepirid, Repaglinid und Vildagliptin, Fenofibrat aufgrund einer Dyslipidämie sowie die zweite Dosis des Erstlinientherapeutikums Pembrolizumab. Zehn Jahre zuvor war bei der Patientin ein papilläres Übergangszellkarzinom der Harnblase diagnostiziert wurden, woraufhin sie sich einer transurethralen Resektion (TURBT) unterzog. In den folgenden neun Jahren erhielt sie Chemotherapie mit Gemcitabin, Radiochemotherapie mit Cisplatin und Gemcitabin sowie mehrere Resektionen und intravesikale Instillationen von Mitomycin C. Ein Jahr später nach letzterem präsentierte sie sich mit einem vergrößerten Carunkel, der positiv auf ein invasives, schlecht differenziertes Urothelkarzinom getestet wurde und PD-L1 (Programmed Death-Ligand 1) in 50% der Tumorzellen exprimierte. Eine Lymphknotenbiopsie bestätigte die Diagnose eines metastasierten, schlecht differenzierten Urothelkarzinoms im Stadium IV A (AJCC 8th Edition). Daraufhin begann sie eine Erstlini-enimmuntherapie mit Pembrolizumab, ohne Komplikationen. 
Zu Beginn des zweiten Zyklus Pembrolizumab berichtete sie über leichte Müdigkeit. Vier Tage später, 25 Tage nach der ersten Dosis Pembrolizumab, klagte sie über starke Nackenschmerzen und wurde in die Notaufnahme eingewiesen. Aufgrund schwerer Asthenie, diffuser Muskelschmerzen, Nackenschmerzen und Lethargie wurde sie stationär aufgenommen. Thoraxschmerzen, Orthopnoe oder paroxysmale nächtliche Atemnot verneinte sie. In der Notaufnahme hatte sie mehrere Episoden von Bradykardie mit 40-46 Schlägen pro Minute, begleitet von allgemeinem Unwohlsein und Müdigkeit. Bei der Erstuntersuchung zeigte sich ein kompletter AV-Block im Elektrokardiogramm, während die Patientin normotensiv war. Darüber hinaus wiesen die kardialen Parameter erhöhte Werte der Kreatinphosphokinase-Kinase (CPK) auf, was auf eine schwere Rhabdomyolyse hindeutet, sowie ein Troponin T (TnT) von 1,060 ng/mL (NR < 0,030 ng/mL). Außerdem war das Serumkalium erhöht. Eine notfallmäßig durchgeführte transthorakale Echokardiographie (TTE) zeigte eine erhaltene linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF). Die Urinchemie ergab ein positives Myoglobin. Serumkreatinin und Leberfunktionstests waren normal. Das Röntgenbild des Thorax zeigte ein klares Lungenfeld. Die Bindungsantikörper gegen Acetylcholinrezeptoren (AChR-Ab) waren mit 0,31 nmol/L grenzwertig positiv, die Antikörper gegen muskelspezifische Tyrosinkinase (MuSK-Ab) waren negativ. Aufgrund des Anstiegs der kardialen Schädigungsmarker und der EKG-Veränderungen in Abwesenheit anderer kardialer Syndrome oder infektiöser Zeichen sowie der Vorgeschichte einer Immuntherapie und der begleitenden Myositis wurde eine durch Pembrolizumab induzierte Myokarditis vermutet. Die Patientin wurde mit einer Dopamin-Dauerinfusion und einer hochdosierten Glukokortikoidtherapie für fünf Tage behandelt, woraufhin sie auf orales Prednison umgestellt wurde, gefolgt von einer langsamen Ausschleichbehandlung über fünf Wochen. Drei Tage später wurde ein Schrittmacher implantiert. Ein Folge-EKG zeigte eine vollständige Wiederherstellung des Sinusrhythmus und der Herzfrequenz. Da der Einsatz von Immun-Checkpoint-Inhibitoren weiter zunimmt, sollten Onkologen, Kardiologen, Notfallmediziner, Apotheker und andere Fachkräfte diesem immunbedingten unerwünschten Ereignis besondere Aufmerksamkeit widmen, insbesondere aufgrund seines frühen Auftretens, der schwierigen Beurteilung und Diagnose sowie des fulminanten Verlaufs. Die Überwachung des Troponinspiegels bei Hochrisikopatienten und die Durchführung eines Basis-Transthorax-Echokardiogramms können dazu beitragen, eine Immun-Checkpoint-Inhibitor-assoziierte Myokarditis (ICIM) frühzeitig zu erkennen.   GFI

Quelle: Saad R et al.: Pembrolizumab-induced myocarditis with complete atrioventricular block and concomitant myositis in a metastatic bladder cancer patient: a case report and review of the literature. J Med Case Rep. 2024 Feb 22;18(1):107. doi: 10.1186/s13256-024-04397-3
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